Weeze. Am 5. Mai 2025 fand im Weezer Wellenbrecher ein Zeitzeugengespräch mit dem ehemaligen Geschichtslehrer Jörg Baden statt. Genau an diesem Tag vor 80 Jahren war er mit seiner Familie und vielen anderen Flüchtlingen per Schiff in Dänemark angekommen. „Wir waren nicht willkommen“, konstatierte Jörg Baden gleich zu Beginn. Aber es war ihm wichtig, die Haltung der Dänen historisch einzuordnen. Er berichtete von der deutschen Besatzungszeit, von Kriegsverbrechen und von dem Befehl Hitlers, 250.000 deutsche Flüchtlinge aufzunehmen. Auf 17 Dänen sei ein Deutscher gekommen. Dass die Hilfsbereitschaft der Dänen sich in Grenzen hielt, wurde nachvollziehbar. Dennoch machte Jörg Baden viele positive Erfahrungen und verdankt letztlich den Dänen sein Leben.
Mit seiner Familie wurde er zunächst in einem provisorischen Lager in Anslet bei Hadersleben / Haderslev untergebracht. Der fünfjährige Jörg erkrankte im Lager an Diphterie und wurde über mehrere Wochen in einem Krankenhaus ärztlich versorgt. Eine dänische Familie lieh seiner Mutter ein Fahrrad, damit sie den kleinen Jörg im mehrere Kilometer entfernten Krankenhaus besuchen konnte. Dafür war die Familie Baden sehr dankbar.
Andere Kinder hatten nicht so viel Glück. Die Kindersterblichkeit in den Flüchtlingslagern war zu Beginn sehr hoch gewesen. Etwa 7000 Kinder seien gestorben, zum Teil noch geschwächt von den Strapazen der Flucht. Aber die Dänen würden sich bis heute kritisch mit der Aufarbeitung dieser Vorkommnisse befassen.
Zum Abschluss berichtet Jörg Baden über seine heutigen Besuche im ehemaligen Flüchtlingslager Oksböl. Das Lager Oksböl war das größte Flüchtlingslager auf dänischem Boden. Hier lebten etwa 35.000 deutsche Flüchtlinge, ab September 1945 auch Jörg Baden mit seiner Familie. Auf dem ehemaligen Lagergelände befindet sich jetzt das Museum Flugt, ein neues internationales Museum für Fluchtgeschichten. Auch die Geschichte von Jörg Baden und seiner Familie ist Teil der Ausstellung. Zur Eröffnung des Museums hielt Jörg Baden eine Rede, für die ihm im Anschluss die dänische Königin dankte. Der Lagerfriedhof – als Kriegsgräberstätte heute in der Obhut des Volksbundes – ist ein Erinnerungs- und Lernort geworden mit einer kleinen Ausstellung zur Geschichte des Friedhofs und des Lagers. Hier finden regelmäßig vom Volksbund veranstaltete Jugendbegegnungen statt, bei denen Jörg Baden schon mehrfach als Zeitzeuge dabei war.
Ca. 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten an diesem Abend gebannt dem Vortrag von Jörg Baden. Sowohl die Pause als auch die anschließende Gesprächsrunde wurde rege genutzt für einen Austausch mit dem Zeitzeugen. Die Veranstalter bedankten sich bei Jörg Baden für den spannenden und lehrreichen Vortrag.
Organisiert wurde die Veranstaltung von der Gemeinde Weeze und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. in Kooperation mit dem Arbeitskreis Weezer Heimatgeschichte anlässlich des 80. Jahrestages des Kriegsendes. Weitere Veranstaltungen finden Sie hier.
Text: Kinga Kazmierczak