Meldungen aus dem Bezirksverband Düsseldorf
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Feierstunde mit Abstand

Gedenken des Kriegsendes am 9. Mai 2020 in Essen

Essen. Was für Deutsche und andere Westeuropäer der 8. Mai, ist für die osteuropäischen Staaten der 9. Mai. Denn in Moskau war aufgrund der Zeitverschiebung bereits der 9. Mai angebrochen, als in in Berlin-Karlshorst am späten Abend des 8. Mai 1945 die Kapitulationsurkunde unterzeichnet wurde. Den diesjährigen 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges hatten die russischsprachige Gemeinschaft und ihre Freunde an Rhein und Ruhr mit Rücksicht auf die Corona-Pandemie eigentlich „auf kleiner Flamme“ zelebrieren wollen. 

Dennoch hatten sich am sonnigen Samstagmittag des 9. Mai 2020 hatten rund 70 Menschen auf dem Essener Terrassenfriedhof eingefunden, um der Wort- und Musikbeiträge zu lauschen, um Blumen an den Gräbern der sowjetischen Kriegstoten niederzulegen, vor allem aber, um einen Moment innezuhalten und der Toten dieses Krieges zu gedenken. Die Weitläufigkeit der Anlage, die ansonsten einen erschreckenden Eindruck der Vielzahl der Opfer vermittelt, ermöglichte die notwendige Einhaltung des aktuellen Abstandgebotes.

Das russische Generalkonsulat Bonn hatte seinen Vizekonsul Wladimir Spiridonow entsendet; die Republik Serbien war durch Generalkonsulin Branislava Jaric; geistliche Worte sprach Erzpriester Viktor Aleksejev; der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. war durch seinen Landesgeschäftsführer Stefan Schmidt vertreten. Weitere Initiativen leisteten ebenfalls Redebeiträge, so u.a. Barbara Lachhein für die Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung Essen e.V. Durch die Veranstaltung führte souverän und charmant in russischer und deutscher Sprache Dr. Ljubow Jakovleva-Schneider vom Verein Rhein-Ruhr-Russland e.V. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Dr. Martin Schneider hatte sie bereits zum 15. Mal diese Gedenkfeier organisiert.

Auf dem Terrassenfriedhof in Essen-Schönebeck sind fast 1.700 ausländische Kriegstote bestattet, die zum größten Teil aus der ehemaligen Sowjetunion stammen. Sie gehörten zu den rund 70.000 Zwangsarbeitskräften, die während des Zweiten Weltkrieges in der Essener Rüstungsindustrie eingesetzt waren. Mehrere tausend - Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder - kamen durch unzumutbare Arbeitsbedingungen, unzureichende Ernährung, ungenügende medizinische Versorgung und mangelnden Schutz vor Bombenangriffen ums Leben.

An diesem besonderen Jahrestag fanden die Rednerinnen und Redner würdige und nachdenkliche Worte, die den Schmerz über die unzähligen Toten mit der Freude über die Jahrzehnte lange Friedenszeit seit 1945 und dem Wunsch nach Freundschaft und die Hoffnung auf Frieden in den anderen Teilen der Welt verbanden.

Mit dem Niederlegen von Kränzen und Blumen, der Entzündung von Kerzen, dem gemeinsamen Singen des bekannten Liedes „Katjuscha“ und einem orthodoxen Friedensgebet endete eine bewegende Feierstunde.

Stefan Schmidt

Fotos: Volksbund, Rhein-Ruhr-Russland e.V.